Meilenstein auf dem Weg zum vollvernetzten Straßenverkehr

Mehr Sicherheit, mehr Komfort und weniger Emissionen: Wenn Fahrzeuge miteinander vernetzt sind und sich mit der Verkehrsinfrastruktur in Echtzeit austauschen, reduziert das sowohl das Unfallrisiko als auch Emissionen. Im Projekt 5G NetMobil konnten Forscherinnen und Forscher die direkte Kommunikation zwischen Fahrzeugen und mit der Infrastruktur entscheidend weiterentwickeln.

Nutzfahrzeuge fahren in sogenannten Platoons in sehr geringem Abstand zueinander.
Zukünftig können sich Nutzfahrzeuge in sogenannten Platoons zusammenschließen und in sehr geringem Abstand zueinander fahren.© Volkswagen AG

Zum Abschluss des Projekts stellen die insgesamt 16 Projektpartner aus Industrie, Mittelstand und Forschung heute ihre Lösungen zu den zentralen Herausforderungen der automobilen Echtzeitkommunikation vor. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Projekt von 2017 bis 2020 mit insgesamt 9,5 Millionen Euro gefördert. Mit den Projektergebnissen ist nun der Weg für Standardisierung und Serienentwicklung geebnet.


„Mit dem Projekt 5G NetMobil haben wir entscheidende Meilensteine auf dem Weg zum vollvernetzten Fahren erreicht und zeigen, wie moderne Kommunikationstechnologien unseren Straßenverkehr gleichzeitig sicherer, effizienter und wirtschaftlicher machen“, sagt Thomas Rachel MdB, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung.

Zentrale Voraussetzung für die Echtzeitkommunikation im Verkehr ist eine stabile und zuverlässige Datenverbindung – sei es auf Basis des neuen leistungsstarken Mobilfunks der fünften Generation (5G) oder WLAN-basierter Alternativen. Die durch 5G NetMobil geschaffenen Grundlagen sind nun die Basis für die Standardisierung, die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sowie erste Serienprojekte der Projektpartner.

Autofahrer am Steuer
Fahrzeuge können dank der innovativen Lösungen untereinander und mit ihrer Umgebung Daten in Echtzeit austauschen – auch weit über den Sichtbereich hinaus.© Projekt 5G NetMobil

Grundlage für innovative Verkehrskonzepte mit mehr Sicherheit

Menschen, die zu Fuß eine unübersichtliche Straßenkreuzung überqueren, oder ein Fahrzeug, das plötzlich aus einer nicht einsehbaren Seitenstraße kommt: Im Straßenverkehr ergeben sich häufig Situationen, die der Fahrer oder die Fahrerin nicht vollständig überblicken kann. Die Fahrzeugsensorik mit Video- und Radartechnik schafft besonders im Bereich des Sichtbaren Abhilfe. Die direkte Vehicle-to-Vehicle- (V2V), Vehicle-to-Infrastructure- (V2I) und Vehicle-to-Network (V2N)-Kommunikation ermöglicht es, dass die Fahrzeuge untereinander und mit ihrer Umgebung Daten in Echtzeit austauschen können – auch weit über den Sichtbereich hinaus. Die Partner des Projekts 5G NetMobil entwickelten mithilfe solcher Technologien beispielsweise ein Assistenzsystem, das Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrende an unübersichtlichen Kreuzungen schützt. Eine in der Infrastruktur verbaute Kamera erkennt die Verkehrsbeteiligten und warnt Fahrzeuge innerhalb weniger Millisekunden, um kritische Situationen beispielsweise beim Abbiegen zu verhindern.

Ein anderes Beispiel des Forschungsprojekts ist das Platooning: Zukünftig können sich Nutzfahrzeuge in sogenannten Platoons zusammenschließen und in sehr geringem Abstand zueinander fahren. Gas-, Brems- und Lenkeingriffe erfolgen synchron. Das automatisierte Windschattenfahren in der Kolonne reduziert den Kraftstoffverbrauch signifikant und erhöht die Sicherheit auf den Autobahnen. Sowohl für das Platooning mit Fahrzeugabständen von weniger als zehn Metern als auch das sogenannte parallele Platooning in der Landwirtschaft haben die Expertinnen und Experten der beteiligten Unternehmen und Universitäten nun wesentliche Grundlagen geschaffen.

„Die Arbeit des Forschungsprojektes ist für ein breites Anwendungsspektrum relevant. Davon profitieren nicht nur die Projektpartner aus Industrie und Forschung, sondern ganz besonders die Verkehrsteilnehmer“, sagt Dr. Frank Hofmann von der Robert Bosch GmbH, der das Forschungsprojekt industrieseitig koordiniert.

Weg frei für die Standardisierung und neue Geschäftsmodelle

Ziel des Forschungsprojektes war, zentrale Herausforderungen der automobilen Echtzeitkommunikation zu lösen. Denn damit das vollvernetzte Fahren Realität werden kann, muss die direkte Kommunikation zwischen den Fahrzeugen und mit der Infrastruktur zuverlässig und sowohl mit hohen Datenraten als auch geringen Latenzzeiten funktionieren. Doch was passiert, wenn sich beispielsweise die Qualität der Datenverbindung ändert, also nur eine geringere Datenrate für die direkte Kommunikation zwischen den Fahrzeugen zur Verfügung steht? Die Forschenden haben dafür ein agiles Quality-of-Service-Konzept erarbeitet, das Änderungen der bereitgestellten Netzqualität erkennt und an die vernetzten Fahrfunktionen weitergibt. Beim Platooning können damit die Abstände der einzelnen Fahrzeuge der Kolonne automatisch vergrößert werden, wenn die Qualität des Netzes abnimmt.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt war die Einteilung des Mobilfunknetzwerks in Schichten. Für die Datenübertragung bei sicherheitskritischen Funktionen wie der Warnung vor einem Fußgänger an einer Kreuzung wird nun eine separate Netzschicht reserviert, um diese zu jeder Zeit zu gewährleisten. Die Datenübertragung für das Videostreaming oder die Aktualisierung der Straßenkarte wird in einer davon getrennten Schicht gesteuert und ggf. kurzfristig zurückgestellt, wenn nur eine geringe Datenrate zur Verfügung steht. Weiterhin hat das Forschungsprojekt wesentliche Beiträge für die hybride Kommunikation von Mobilfunk und der WLAN-basierten Alternative geleistet, bei der jeweils die stabilste Verbindung genutzt wird, damit die Datenverbindung unterwegs nicht abreißt. „Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse fließen nun in die weltweite Standardisierung der Kommunikationsinfrastruktur ein und sind wesentliche Grundlagen weiterer Entwicklungen der Partnerunternehmen“, sagt Hofmann.

Übersicht der 5G NetMobil-Projektpartner:

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