QuNET-Schlüsselexperiment zur Quantenkommunikation: Forschende demonstrieren technologische Grundlagen für Ad-hoc-Metronetze

Forschende der vom BMBF geförderten Initiative QuNET haben bei einem groß angelegten Experiment ihre Entwicklungen für ein zuverlässiges abhörsicheres Quantenkommunikationsnetz der Zukunft getestet.

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Blick entlang der Freistrahlverbindung vom Sender auf dem Dach der Jenaer Stadtwerke zum 1,7 Kilometer entfernten Empfänger auf dem Gelände des Fraunhofer IOF (blaues Gebäude in der Bildmitte).© Fraunhofer IOF

Die vom BMBF geförderte QuNET-Initiative zielt darauf ab, die technologischen Grundlagen für ein künftiges abhörsicheres Quantenkommunikationsnetz im behördlichen Umfeld zu erforschen. Technisch wird ein solches Netz voraussichtlich auf Basis von Glasfaserkabeln umgesetzt werden. Dies bietet den Vorteil, dass die Technologie zur Quantenkommunikation in die heute bereits eingesetzte Infrastruktur integriert werden kann. Eine wichtige Frage beim Aufbau eines solchen Netzes ist allerdings, wie sich Strecken überbrücken lassen, an denen aufgrund verschiedener möglicher Szenarien keine Glasfaserinfrastruktur für die hochsichere behördliche Kommunikation verfügbar ist. Dies kann beispielsweise durch einen kurzfristigen Verbindungsausfall einer Glasfaserstrecke oder den kurzfristig erforderlichen Anschluss eines zuvor nicht angebundenen Standortes der Fall sein. Die an QuNET beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben für eine solche ad hoc einzurichtende Überbrückung bzw. Anbindung Konzepte erarbeitet und in einem ersten Schlüsselexperiment vom 15. Mai bis 16. Juni 2023 in Jena getestet. Hierfür haben alle bei QuNET mitwirkenden Forschungsinstitute die von ihnen entwickelten Geräte, Ausrüstungen und Module nach Jena transportiert und dort in einem gemeinsamen Testfeld aufgebaut. Dieses erstreckt sich über 1,7 Kilometer vom Fraunhofer IOF, mit dem dort angeschlossenen Gelände des Abbe Center of Photonics, bis zum Dach eines Gebäudes der Jenaer Stadtwerke.

Das Experiment: Mithilfe von Ad-hoc-Metro-Links zuverlässig abhörsicher kommunizieren

Für das Schlüsselexperiment haben die Forschenden der QuNET-Initiative einen sogenannten Ad-hoc-Metro-Link für die sichere Kommunikation via Quantenschlüsselverteilung (engl. Quantum Key Distribution – QKD) aufgebaut. Bei diesem Link handelt es sich um eine spontan aufgebaute Freistrahlverbindung, die aus verschiedenen Komponenten besteht, wie etwa unterschiedlichen Quellen und Detektoren für Lichtquanten, speziellen Teleskopen für die Freistrahlübertragung, Sender- und Empfängermodulen für die Anbindung von weiteren Übertragungssystemen an den Endpunkten der Verbindung sowie Verschlüsselungs- und Schlüsselverwaltungssystemen. Im Rahmen des Schlüsselexperiments hat das Forschungsteam insbesondere das Zusammenspiel der von ihnen eingebrachten Systeme dieses Links unter realen Bedingungen in urbaner Umgebung getestet.

Um eine Glasfaserlücke möglichst schnell zu überbrücken, wurde neueste, im QuNET-Konsortium eigens entwickelte Übertragungstechnologie eingesetzt. Dabei dient eine mobile Experimentierplattform namens QuBUS als Bindeglied zwischen der ad hoc aufgebauten Freistrahlverbindung und dem anzuschließenden Glasfasernetz. Der geforderte schnelle Verbindungsaufbau wird durch eine neuartige automatisierte Steuerungseinheit zur Ausrichtung der Sender- und Empfängerteleskope ermöglicht.

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Der QuBUS: Ein Laborcontainer, in dem die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem einen vertrauenswürdigen Knoten aufbauen und in Betrieb nehmen. © Fraunhofer IOF

In den einzelnen Teilexperimenten ging es darum, die Leistungsfähigkeit und Anwendungsbereiche von Ad-hoc-Metro-Links zu analysieren. Hierfür untersuchten die Forschenden verschiedene Aspekte – so zum Beispiel die Nutzung unterschiedlicher Wellenlängen und die Integration verschiedener Sicherheitsprotokolle, einschließlich der hierfür benötigten Komponenten. Außerdem war es ein wichtiger Teil der Untersuchungen, genau zu erfassen, wie die einzelnen Komponenten in den Modulen des Testfelds zusammenspielen und dort in konkreten Anwendungsszenarien als Gesamtsystem funktionieren.

In den knapp fünf Wochen andauernden Experiment haben die Forschenden verschiedene Szenarien simuliert, in denen die sichere Ad-hoc-Kommunikation unter Verwendung der QKD-Technologie von Mehrwert sein kann. Ziel war es, die entwickelten Technologien und Komponenten anhand unterschiedlicher, mitunter mehrtägiger Versuchsreihen und Teilexperimente für verschiedene Anwendungsszenarien zu demonstrieren. So konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unterschiedlichen Kontexten Erkenntnisse darüber gewinnen, wie die sichere Kommunikation im behördlichen Umfeld ad hoc hergestellt werden kann, wenn Lücken schnell überbrückt werden müssen. Dabei wurden zum Beispiel auch Einflüsse der Tageslicht- und Wetterverhältnisse untersucht.

Forschende testen wegweisende technologische Komponenten

Vertreterinnen und Vertreter des BMBF und des zuständigen Projektträgers bekamen vor Ort am 23. und 24. Mai 2023 einen Einblick in verschiedene Teilaspekte des Experiments. Die Forschenden präsentierten erste Aufbauten verschiedener QKD-Systeme und vertrauenswürdiger Knoten (engl. Trusted Nodes) für den geplanten Ad-hoc-Metro-Link. Hierzu gehörte auch der bereits genannte QuBUS. Diese mobile Experimentierplattform besteht aus einem Laborcontainer, in dem die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem einen vertrauenswürdigen Knoten aufbauen und in Betrieb nehmen. Im Knoten wird die ad hoc aufgebaute Freistrahlverbindung mit dem Glasfasernetz des IOF-Standortes verbunden. Dabei werden die über die Freistrahlverbindungen übertragenen Schlüssel mit denen aus den Glasfasernetzen kombiniert und über ein entsprechendes Schlüsselverwaltungssystem des Knotens verarbeitet. Dieser Ansatz ermöglicht es, auf die direkte Quantenschlüsselübertragung zwischen dem Sender auf dem Dach der Jenaer Stadtwerke und dem Empfänger im Campusnetz zu verzichten, was späteren Einsatzszenarien ein hohes Maß an Flexibilität gibt.

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Hochpräzises Metallspiegelteleskop der Sender- und Empfängereinheit für die Freistrahlverbindung. © Fraunhofer IOF

Darüber hinaus zeigten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zahlreiche quantenoptische Aufbauten sowie verschiedene Sende-, Empfangs- und Speichersysteme für die QKD. Zudem konnte ein neu entwickeltes Hochleistungsmetallspiegelteleskop der Sender- und Empfängerterminals präsentiert werden. Dieses Teleskop ist zentral für den Projekterfolg. Denn mit dem dort integrierten komplexen Regelkreis zur automatischen Feinjustage der Optiken wird der für das Schlüsselexperiment erforderliche schnelle Aufbau der optischen Verbindung ermöglicht.