
Gesundheitsdaten der Bürgerinnen und Bürger sind heute nicht nur in der Forschung für neue Medikamente und Behandlungsmethoden notwendig, auch die Industrie will diese Daten besser nutzen können. Die Session fokussierte die Frage, wie gesellschaftlicher Nutzen, wirtschaftliche Interessen und das individuelle Schutzbedürfnis an Daten konvergieren können.
Moderation:
- Dr. Michael Friedewald, Koordinator Plattform Privatheit und Geschäftsfeldleiter Informations- und Kommunikationstechniken am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI
- Prof. Dr. Alexander Roßnagel, Hessischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit und Sprecher der Plattform Privatheit
Sprecherinnen und Sprecher:
- Prof. Dr. Konstantin Knorr, Professor für das Fachgebiet IT-Sicherheit an der Hochschule Trier
- Dr. Thomas Roth, Head Global Data Protection & Chief Data Protection Officer bei Boehringer Ingelheim
- Prof. Dr. Ina Schiering, Leiterin des Instituts für Verteilte Systeme an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften
- Prof. Dr. med. Sylvia Thun, Direktorin Digitale Medizin und Interoperabilität am Berliner Institut für Gesundheitsforschung in der Charité − BIH@Charite
Dr. Michael Friedewald (Plattform Privatheit) stellte zur Begrüßung die vom Bundesforschungsministerium geförderte Plattform Privatheit kurz vor; sie ist ein bundesweites Netzwerk aus Forschungsprojekten, deren oberstes Ziel es ist, mit interdisziplinärer Forschung die informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Deswegen nehmen Gesundheitsdaten einen besonderen Raum in den Projekten der Plattform Privatheit ein.
So präsentierte Prof. Dr. Ina Schiering (Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften) aktuelle Forschungsergebnisse zum Privatheitsmanagement bei Gesundheits-Apps. Prof. Dr. Konstantin Knorr (Hochschule Trier) offerierte zudem einen Überblick über die Forschung zu ressourceneffizienten Datentreuhändern mit verschlüsselten Datensätzen für die Gesundheitsforschung.
Auf diese Projektvorstellungen folgten zwei Impulsvorträge: Prof. Dr. Sylvia Thun (Berliner Institut für Gesundheitsforschung in der Charité) berichtete über die Diskussion von Vor- und Nachteilen für die Gesellschaft durch Datennutzung im Bereich Medizin und Gesundheit. Sie zeigte anhand verschiedener Beispiele, etwa dem Deutschen Portal für Gesundheitsdaten, wie solche Daten bereits heute im großen Stil gewinnbringend genutzt werden können. Ihr Plädoyer lautete: Erst standardisierte Daten machen eine standardisierte Forschung möglich.
Dr. Thomas Roth (Boehringer Ingelheim) brachte die Perspektive der Industrie ein. Er thematisierte die Frage, ob in jeder Situation eine individuelle Einwilligung erforderlich sei. Zudem zeigte er Möglichkeiten auf, wie sich Daten verwenden und gleichzeitig Anonymität und Datenschutz einhalten lassen. Zudem plädierte er dafür, dass Vor- und Nachteile bei der Datennutzung immer klar gegeneinander abgewogen werden müssten und man sich hierbei nicht nur von Risiken leiten lassen dürfe.
Diese Impulse flossen in die sich anschließende Podiumsdiskussion ein, die Prof. Dr. Alexander Roßnagel (Plattform Privatheit) moderierte. Die Diskutantinnen und Diskutanten waren sich einig, dass Gesundheitsdaten heute zwar grundsätzlich gut abgesichert seien, es aber immer noch Lücken bzw. Schwächen bei der Anonymisierung gäbe. So lautete die erste Frage aus dem Publikum prompt, wie man als Patientin bzw. Patient sicher sein könne, dass erhobene Daten vornehmlich der Forschung zu Gute kommen. Diese Frage führte zur Diskussion rund um Probleme bei der Nutzung personenbezogener Daten zum Training von KI-Modellen sowie den Schwierigkeiten mit Einwilligungserklärungen bei der sekundären Datennutzung. Das Plenum war sich am Ende einig: Nur durch die sichere Nutzung der Gesundheitsdaten könne man auch das Vertrauen der Bevölkerung hierfür gewinnen und nur so das vollumfängliche Potenzial von Gesundheitsdaten für die Forschung ausnutzen.